20.10.2017:
9. TWG-Tagung „Wie geht eigentlich Krise?“
Alltag in Therapeutischen Jugendwohngruppen – zwischen Dramatik und Routine.
Moderatian: Ulrich Ehlert, Vortrag: „Trias der Krise“ Dr. Detlef Horn-Wagner, Vorstand Jugendwohnen im Kiez e.V.
Am 11. Oktober fand die 9. TWG-Tagung in der Reihe „Besondere Jugendliche – Besondere Angebote“ im Haus der Kirche statt. Initiiert und organisiert wird der Fachtag alle zwei Jahre vom Arbeitskreis Therapeutische Wohngruppen, einem Verbund von 10 in Berlin ansässigen gemeinnützigen Trägern mit dem Ziel, Erfahrungen auszutauschen, Therapieansätze zu diskutieren und frischen Input für die eigene Arbeit zu gewinnen.
Wie gelingt Krisenintervention zwischen Symptomreduktion und Bewältigung von Entwicklungsaufgaben? Wie wirken sich individuelle Krisen auf Gruppen und Teams aus? Nach der Krise ist vor der Krise – Wie gelingt es pädagogischen und therapeutischen Fachkräften bei der nächsten Krise „andere“ Fehler zu machen?
Krisen gehören in Therapeutischen Jugendwohngruppen zum Alltag. Jugendliche und junge Volljährige mit psychischer Erkrankung durchleben alterstypische Identitätskrisen und sind gleichzeitig gezwungen, die aus ihrer Symptomatik resultierenden Belastungen zu bewältigen. Ein Spannungsfeld, in dem Krisen entstehen. Subjektiv ein großer Ballast für die jungen Menschen. Krisen können schwer absehbare Dynamiken bei den Mitbewohner*innen erzeugen und die betreuenden sowie therapeutischen Fachkräfte enorm fordern.
„Wie geht eigentlich Krise?“ Krisen im inner- und interinstitutionellen Kontext sind vielfältig. Dr. Detlef Horn-Wagner, Vorstand von Jugendwohnen im Kiez e.V. macht „Die Trias der Krise“ zum Thema und öffnete den Blick auf die systemischen Zusammenhänge. Wie wirkt die Trias aus individueller Perspektive, aus Organisations- sowie aus gesellschaftlicher Perspektive im Rahmen einer Krise? Prof. Benigna Gerisch, Professorin für Klinische Psychologie und Psychoanalyse, beleuchtete mit ihrem Vortrag „Ich halte mein Leben einfach nicht mehr aus“ die Psychodynamik der suizidalen Krise, stellte neueste Forschungsergebnisse vor und räumte mit Mythen zur geschlechterspezifischen Suizidalität auf.
Arbeitsgruppen auf der Fachtagung boten den Rahmen, um die Dynamik von Krisen mit der Betreuungspraxis abzugleichen und über Herausforderungen für das Netzwerk, über die Auswirkungen von Krisen für Jugendliche und Teams als stattfindende Parallelprozesse, über Nähe- und Distanzregulierung in krisenhaften Situationen, die Ausbreitung von Symptomen in Gruppen und die Möglichkeiten der Musterunterbrechung zu diskutierten.
„Ich kenne im Bereich der Therapeutischen Wohngruppen keinen anderen Fachtag, auf dem so viel geballtes Wissen und Erfahrung zusammentreffen, um Themen zu bearbeiten, die im Alltag der Wohngruppen wichtig sind.“ Markus Rost, Bereichsleitung der Therapeutische Wohn- und Beratungsangebote Gemini, Jugendwohnen im Kiez – Jugendhilfe gGmbH, beeindruckt die „Mischung aus Fachlichkeit und Leichtigkeit“ und die Produktivität des Fachaustauschs mit insgesamt 190 Fachkräften aus therapeutischen Wohngruppen, Jugendämtern, der Einrichtungsaufsicht und der Senatsverwaltung.
Mit abschließenden Gesprächen klang der Fachtag, der vom Paritätischen Wohlfahrtsverband unterstützt und von der Psychotherapeutenkammer mit zertifizierten Fortbildungsstunden gefördert wurde, aus.
Informationen zu den Therapeutischen Wohngruppen GEMINI können Sie hier nachlesen.